Viele kennen es bereits seit 1980: Ende März wird die Uhr um eine Stunde vorgestellt. Im Herbst wird sie wieder zurückgestellt. Der erhoffte wirtschaftliche Effekt ist kaum messbar, weshalb sich nicht wenige Menschen ein Ende der Zeitumstellung wünschen.

 

Blick in die Historie

Die Sommerzeit hat eine lange Geschichte. Erstmals wurde sie bereits 1916 eingeführt. Der Grund war der Erste Weltkrieg und die damit verbundene Waffenproduktion. Die Maßnahme ermöglichte, dass die Arbeiter eine Stunde länger im Hellen arbeiten konnten. So erhoffte sich die Politik eine Ersparnis im Stromverbrauch. Die Weimarer Republik schaffte diese Regelung schon 1919 wieder ab, bevor die Nazis 1940 erneut an der Uhr drehten. Auch diesmal ging es darum, möglichst lange bei Tageslicht produzieren zu können.

Zwischen 1947 und 1949 probierten es die Deutschen mit einer „doppelten“ Sommerzeit, die gleich zwei Stunden vor der normalen Mitteleuropäischen Zeit lag. Danach gab es lange kein Drehen an der Uhr mehr. Dies änderte sich, als es während der Ölkrise zu einer Energieknappheit kam. Mit der Wiedereinführung der Sommerzeit hoffte die Politik ab 1980, den Energieverbrauch zu senken. Dies erwies sich als Trugschluss. Im Gegensatz zu den Hoffnungen stellte sich sogar heraus, dass in einigen Regionen der Bedarf an Heizenergie stieg.

 

Der Einfluss der Zeitumstellung auf unsere innere Uhr

Nicht nur wir Menschen, alle Lebewesen unserer Erde haben eine innere Uhr. Sie sagt uns, wann wir schlafen und wann wir wach sein sollen. Mit dem Biorhythmus beschäftigen sich Forschende schon seit Jahrhunderten. Im 18. Jahrhundert beschäftigten sie sich mit dem Phänomen, dass Pflanzen in der Abenddämmerung ihre Blätter schließen und am Morgen wieder öffnen. Überraschend war, dass die Pflanzen diesen Rhythmus auch in vollständiger Dunkelheit beibehielten. 

Den Grund fanden Forschende erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts heraus, als sie das verantwortliche Gen bei Fruchtfliegen isolierten. Auch der Mensch besitzt ein Gen, das den Biorhythmus, also unsere innere Uhr, beeinflusst. Es verfügt über ein Protein, dass nachts vorhanden ist und bis zum Anbruch des Tages fast vollständig abgebaut wird.


Wie die innere Uhr auf unser Leben Einfluss nimmt

Wenn wir im Frühjahr die Uhren um eine Stunde vorstellen, hat dies Auswirkungen auf unseren Biorhythmus. Unsere innere Uhr geht nun eine Stunde nach. Dies spüren wir oft deutlich an unserem Wohlbefinden. Dass es später dunkel wird, hat zunächst Vorteile. Am Abend bleibt mehr Zeit, um bei Tageslicht Aktivitäten im Freien zu übernehmen. Der Körper richtet sich nach dem Sonnenlicht und wird eine Stunde später müde.

Die Auswirkungen auf den Schlaf sind unterschiedlich. Schwierigkeiten haben besonders Menschen, die am Morgen sowieso schwer aus dem Bett kommen. Klingelt der Wecker im Sommer wie üblich um sechs Uhr, ist es für die innere Uhr erst um fünf. Ein Horror für jeden Abendtypen, also Langschläfer. Die Situation fühlt sich wie ein Mini-Jetlag an.

Die wichtigsten Symptome sind:
•    Einschlafprobleme
•    Schlafstörungen
•    Gereiztheit
•    Konzentrationsschwächen


Besonders sensibel reagieren Lernende und Studierende auf die Zeitumstellung. Sie haben einen Lebensrhythmus, der geprägt ist, bis tief in die Nacht wach zu sein. Dafür schlafen sie am Morgen gerne  länger. Die in diesem Lebenszyklus normale Müdigkeit am Morgen verstärkt sich durch die Sommerzeit noch. Dies vergrößert nicht nur den Kampf, am Morgen pünktlich zur ersten Stunde in der Klasse zu sitzen. Es verstärkt auch die Müdigkeit über den gesamten Tag.


Wie sich die Sommerzeit auf die Konzentration auswirkt

Zahlreiche Studien haben die Auswirkungen genau untersucht. Die Singapore Management University kam zu der Erkenntnis, dass Arbeitnehmer nach der Zeitumstellung unkonzentrierter sind. Sie lassen sich leichter ablenken.

Auch die Zahl der Verkehrsunfälle steigt an, haben Forschende der Uni in Colorado festgestellt. Alarmierende Zahlen lieferte das Zentrum für Schlafmedizin der Mayo Clinic in Rochester, Minnesota. Demnach nehmen in den ersten sieben Tagen nach der Zeitumstellung die Behandlungsfehler durch Ärzte um 18 Prozent zu.

 

Auswirkungen auf den Schulalltag

Die Zeitumstellung wirkt sich auch auf die Leistungsfähigkeit in der Schule aus. Durch die Konzentrationsprobleme ist die Aufnahme des vermittelten Unterrichts besonders in den ersten Stunden noch schwieriger als sonst. Der Grund liegt an unserer inneren Uhr. Am Abend schüttet unsere Körper Melatonin aus, der Blutdruck sinkt und nach Mitternacht fallen wir in den Tiefschlaf. Die Ausschüttung von Cortisol sorgt am Morgen für einen schnellen Anstieg des Blutdrucks und lässt uns aufwachen. Bis wir richtig wach sind, dauert es je nach Typ bis zehn Uhr.

Die produktivste Zeit des Tages erreicht der Mensch in der Zeit zwischen 10 und 12 Uhr sowie am Nachmittag nach 14 Uhr bis 17 Uhr. Eine Klassenarbeit in der ersten Schulstunde steht also schon in der „normalen“ Winterzeit unter keinem guten Stern. Stellen wir nun noch die Uhr eine Stunde vor, ist es für einige wahrscheinlich besser, gar nicht erst anzutreten. Die produktivste Phase des Tages beginnt für unseren Körper weiterhin um 10 Uhr. Was er nicht weiß ist, dass die Uhr schon 11 Uhr zeigt.

 

Wunsch nach Abschaffung der Zeitumstellung

Die Zeitumstellung hat wenig positive Effekte, mal davon abgesehen, dass es am Abend länger hell ist. Es wundert daher nicht, dass sich bei einer Befragung der EU 2018 eine Mehrheit für eine Abschaffung der Zeitumstllung aussprach. Immerhin 84 Prozent der Teilnehmer wünschten sich dies. Nicht einmal ein Prozent der EU-Bürger nahm allerdings an der Volksbefragung teil. Trotzdem entscheid das EU-Parlament, dass die Zeitumstellung ab 2021 der Vergangenheit angehören soll. Jeder Staat sollte selbst entscheiden, ob er die normale Zeit, also die Winterzeit, oder die Sommerzeit behalten will.

Die Umsetzung des Beschlusses lässt allerdings auf sich warten. Die meisten EU-Länder haben bis heute keine Position zu diesem Thema. So ist nicht sicher, ob wir in diesem Jahr wirklich ein letztes Mal an der Uhr drehen. Forschende warnen übrigens vor einer permanenten Sommerzeit. Sie würde ihrer Ansicht nach vor allem Lernende und Studierende beeinträchtigen. Der Grund ist wieder die Konzentration.

Die Forschenden befürchten, dass durch einen zu geringen Schlaf die Aufnahmefähigkeit von Unterrichtsstoff deutlich abnimmt. Der Chronobiologe Till Roenneberg erwartet neben Schlaf- und Lernproblemen auch mehr Diabetes und Depressionen. Zusammengefasst besteht die Möglichkeit, dass die Europäer bei einer permanenten Sommerzeit „dicker, dümmer und grantiger“ werden, wie Roenneberg meinte. Keine guten Aussichten ;-)

Ein Land hat übrigens schon die permanente Sommerzeit ausprobiert: Der Versuch in Russland scheiterte. Das Riesenreich hat heute permanente Winterzeit.
 

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